In diesem Blog veröffentliche ich Buchauszüge, Gedichte und eigene Gedanken zum Thema des inneren Kindes und des Kindseins überhaupt.
Eigentlich haben wir viele innere Kinder in uns: solche voller Energie, aber auch verletzte und sterbende Kinder, die wieder zu wirklichem Leben erweckt sein wollen ...
Ohne lebendige innere Kinder sind Erwachsene ohne wirkliche Individualität und oft nicht fähig zu spielen und kreativ zu sein ... Wie also die Kinder in uns wahrnehmen, wie mit ihnen umgehen?

Sonntag, 31. März 2013

"Ich war tot und sieh ich lebe; / leben, leben sollst auch Du" – eine Kindheitserinnerung


Guercino (1591-1666): Der ungläubige Thomas

Dank meiner Eltern durfte - oder sagen wir: musste - ich jeden Sonntag in die Kirche gehen. Ihre Religiosität war für mich oft ziemlich qualvoll, wohl, weil ich schon damals unbewusst wusste, dass manche Leute so religiös tun, weil sie die eigene Lieblosigkeit durch die Liebe Gottes kaschieren wollen - fatal für ein Kind, das diese Lieblosigkeit spürt und sie doch für Liebe halten muss, erst recht, weil es doch nicht sein kann, dass der liebe Gott von Eltern verehrt und angebetet wird, die diese Liebe gar nicht in sich tragen.
Ich würde nie, wie Tilman Moser sein Buch, das auf diese sogenannte religiöse Erziehung eingeht und die Ängste, die sie erzeugt, Gottesvergiftung nennen. Denn solch ein Wort setzt sich wie ein Mantra im Unbewussten fest. Und ob man an Gott glaubt oder nicht: Ersterer kann nichts für die Lieblosigkeit von Menschen.
Heute sehe ich natürlich auch, dass meine Eltern nur das "Liebe" nennen konnten, was ihnen aufgrund ihres Elternhaus möglich war. In einer Familienaufstellung musste ich erkennen, dass in meiner Familie niemand, weder meine Schwestern noch meine Eltern, mich anschauten. Im Grunde prägt das ein Kind, wenn es nicht aufgearbeitet werden kann, bis an sein Lebensende, die Tatsache nämlich, die es aus diesem Tatbestand schließt, dass es nicht wert ist, angeschaut zu werden. – Am besten scheint doch zu sein, jeder guckt in seine Richtung.

Im Nachhinein positiv für mich ist, dass ich aufgrund meiner religiösen Erziehung eine Bibelkenntnis besitze, die manchem Theologen gut anstünde. Und die Bibel ist, wenn auch an der ein oder anderen Stelle von Luther unsachgemäß übersetzt und womöglich auch an der ein oder anderen Stelle gefälscht, ein Buch höchster Weisheit und höchster Liebe, allein, wenn ich an das Hohelied Salomos denke, eines der schönsten Liebeslieder, die wir Menschen besitzen.

Es gibt auch Momente im Rahmen dieser Erziehnung, die mich bis heute - wie ich finde - positiv prägen:
Es gab nämlich einen besonderen Moment im Verlauf des Kirchenjahres, der mir immer einen Schauer über den Rücken hat laufen lassen, und zwar einen gewaltigen, und ich bin sicher, dass ich deshalb extra nochmal nach Frankfurt in die Nord-Ost-Gemeinde fahre, und zwar in den Ostersonntags-Gottesdienst.

An dessen Ende wurde von der Gemeinde nämlich immer ein Lied gesungen, dessen Text in das Gesangbuch eigens für diese Gelegenheit eingeklebt war (hoffentlich heute auch noch) und von einem mittlerweile wenig bekannten Lyriker und evangelischen Prediger stammt, Friedrich Mohn (1762-1830); immerhin ist in Ratingen eine Straße nach ihm benannt, weil er dort zu seiner Zeit tätig war. 

Vertont hat das Lied Karl Gotthelf Gläser (1781-1830); ich fand den Text und die Vertonung unglaublich berührend! – Auch heute geht es mir noch so, wenn Worte und Melodie in mir aufklingen.

Vor allem die letzte Strophe. Und das hat einen ganz simplen und doch wahnsinnig mächtigen Grund:

Die Nord-Ost-Gemeinde hatte sich zu der Zeit, als wir dort in den Gottesdienst gingen, eine neue Orgel zugelegt im Zusammenhang mit dem Neubau der Kirche. Im Nachhinein kommt es mir so vor, als sei diese Orgel für die Kirche sehr großzügig ausgelegt gewesen (ich hoffe, sie gibt es heute noch). Denn wenn der Organist die entsprechenden Register zog, bebten die Kirchenmauern und die Empore schien mir klein und kleiner zu werden und kaum mehr in der Lage, die Orgel tragen zu können.
Jedenfalls: Immer in der letzten Strophe dieses im Folgenden abgedruckten Liedes war das der Fall – ein kurzer geübter Griff des Organisten in die Registratur, und die Kirche verwandelte sich in ein gewaltiges Meer aus Tönen. Auf diesen Moment wartete ich das ganze Jahr: Das war so ein gewaltiger Sound, einfach unglaublich; das muss man erlebt haben, wenn eine große Orgel braust und alles gibt. Das ist Gänsehaut-Feeling. Klar, da muss sich jedes Grab öffnen. 

Ich hatte immer den Eindruck: Nun muss wirklich alles auferstehen. Auch ich! 
Es war ein Moment, es waren Minuten, an die werde ich mich noch im nächsten Leben erinnern.
Ich weiß, zur Auferstehung muss man aufstehen, innerlich und durchaus auch im Außen; Liebe im Fernsehsessel oder vor dem Computer zu verstecken, dafür ist das Leben zu schade (Marie Luise Kaschnitz hat, wie ich finde, ein bemerkenswertes Gedicht dazu geschrieben).

Hier nun der Lied-Text:

Auferstanden,
auferstanden ist der Herr
|: und in ewgem Lichtgewande
der Verklärung wandelt er. :|

Keiner bebe!
Der Erhöhte ruft uns zu:
|: Ich war tot und sieh ich lebe;
leben, leben sollst auch du. :|

O ihr Gräber, 
nein vor euch erbeb ich nicht,
|: weil des Höhern Lebens Gabe
euch erhellt mit seinem Licht. :|

Und nun das Brausen wie vom Himmel :-)

Auferstehen, 
auferstehen werd auch ich
|: und den Auferstandnen sehen,
denn er kommt und wecket mich. :|


2013 ist ein besonderes Ostern: Es ist so kalt wie seit Jahrzehnten nicht mehr und für mich, der ich daran glaube, dass uns zufällt, was wir selbst bewirken, ist dies kein "Zufall".
Ich vermute, dass viele Menschen auf der bewussten oder auch unbewussten Ebene darum wissen, was das zu bedeuten hat: In Wirklichkeit ist es der Liebe so kalt, so sehr friert sie, selbst an Ostern! (Hier habe ich dazu mehr geschrieben).

Wie notwendig, dass die Liebe in uns aufersteht! Nicht die Liebe, die wir für eine solche halten, sondern die Liebe, die Leben bedeutet und von der damit gerade in obigem Lied die Rede ist.

Samstag, 23. März 2013

Schandtat im "Paradies" – ein 15-jähriges Mädchen retten helfen!


Ein 15-jähriges Vergewaltigungsopfer ist zu 100 öffentlichen Peitschenhieben verurteilt worden! Helfen wir, diesen Wahnsinn zu beenden.

Der Stiefvater des Mädchens soll sie über Jahre hinweg vergewaltigt und ihr Kind getötet haben. Nun sagt das Gericht, dass sie wegen “außerehelichen Geschlechtsverkehrs” ausgepeitscht werden muss! 

Bitte

 über AVAAZ helfen! 

Momentan schon 993 469 Unterschriften - weltweite Menschlichkeit!

Freitag, 8. März 2013

Wenn Kleinkinder lernen, sich um ihre Eltern zu kümmern. – Über gestörte Familienordnungen.


Das Thema, das Hans Jellouschek zu Beginn seines Buches Wie Partnerschaft gelingt – Spielregeln der Liebe anspricht, ist eines, das unserer Gesellschaft auf den Nägeln brennt und das mich immer wieder beschäftigt hat und es noch immer tut, weil ich seine Auswirkungen auch in der Schule im Unglücklichsein zu vieler Kinder widergespiegelt sehe.

Es geht um Ordnungen der Liebe, wie Jellouschek in Anlehnung an Bert Hellingers Buch Ordnungen der Liebe (nicht kaufen, es gibt zum Thema Familienaufstellungen mittlerweile leseleichtere) formuliert.

Familien brauchen eine Ordnung und Liebe braucht eine Ordnung, auch wenn wir mehr als gern zulassen, dass sie auch in der Lage sein darf, alle Regeln zu sprengen.

Der Kosmos der Liebe braucht Ordnung. Nicht von ungefähr lautet ja die Übersetzung des griechischen Wortes Kosmos >Ordnung<; und dann bedeutet es noch >Glanz<

Ordnung, so sehr manche daran zweifeln mögen, bringt Glanz mit sich.

Wie sich Unordnung in Familien einschleicht, vermittelt Jellouschek mit Hilfe der Inhaltsschilderung eines Videos, das er auf einem Therapie-Kongress sah:


Man konnte beobachten, wie eine Dreiergruppe, (..) bestehend aus Mutter, Vater und Kleinkind, miteinander umging. Die Mutter spielte gerade intensiv mit dem Kind. Dann wurde es ihr offensichtlich zu anstrengend oder langweilig. Sie wollte an den Vater abgeben, aber der hielt sich raus. Er merkte gar nicht, daß es jetzt an ihm gewesen wäre, „zu übernehmen". Nach weiteren vergeblichen Versuchen lehnte sich die Mutter mit einem tiefen Seufzer zurück. Und was machte das Baby? Zuerst war es irritiert, dann wollte es selbst mit dem Vater „anbändeln" und diesen „ranholen". Als der aber weiterhin nicht reagierte, schaute es zur Mutter hin und seufzte ebenfalls tief, so als wollte es sagen: „Gell, du bist jetzt müde, du Arme!" Das kleine Kind hatte in dieser Familie also bereits gelernt, sich um die Mutter zu kümmern, wenn es ihr nicht gut ging und der Vater nicht aktiv wurde. Eigentlich wäre das ja seine Aufgabe gewesen. Aber weil er nicht reagierte, sprang das Kind für ihn ein. Was hier „lief, machte die Forscherin mit einem provokanten Dia deutlich: Auf einer Foto-Kollage war eine Riesen-Baby zu sehen, das eine baby-kleine Mutter auf seinem Arm trug!

Jellouschek folgert darauf:

Kinder brauchen Zugang zu beiden Eltern. In unserem Beispiel macht sich der Vater für das Kind nicht erreichbar. Er bleibt „draußen". Wenn das nicht nur ab und zu einmal der Fall ist, sondern immer wieder, hat das mehrere schwierige Folgen: erstens ist das Kind immer nur auf die Mutter angewiesen. Dadurch entsteht eine zu enge Bindung zu ihr. Zweitens wird der Vater auf diese Weise allmählich aus dem Familienverband emotional ausgeschlossen, oder er schließt sich, wie in unserem Beispiel, selbst aus. Er bringt vielleicht noch das Geld nach Hause, tritt vielleicht noch als Belohner und Bestrafer in Erscheinung, aber sonst ist er „out". Kinder mit „zu viel Mutter" und „zu wenig Vater" zeigen typische Entwicklungsstörungen und kommen später einmal nicht gut zurecht. Darunter leidet aber drittens auch die Paarbeziehung: Die Mutter fühlt sich alleingelassen, und den Vater erlebt sie in bezug auf die Kinder als inkompetent. Der Vater wiederum fühlt sich abgewertet und unwichtig. Alles, was die Kinder angeht, läuft über seine Frau. Schließlich - viertens -fangen in solchen Fällen Kinder schon sehr früh mit dem an, was auf dem Video überdeutlich zu sehen war: Sie kümmern sich um die Bedürftigkeit der Mutter, werden also gleichsam zu „Müttern" oder Partnern der Mutter, was sie natürlich überfordert und sich darum auf ihre weitere Entwicklung ebenfalls negativ auswirkt.

Die hier besprochene Störung der „Ordnung" in Familien tritt besonders häufig auf, wenn sich die Männer total von ihrer Berufsarbeit auffressen lassen und die Frauen zu sehr auf die Familie als ihr einziges Kontaktfeld fixiert sind. Es braucht dann große Anstrengung, damit sich nicht das Muster „Frau mit den Kindern — Vater out" einspielt. Noch brisanter wird es, wenn Eheleute sich trennen und ein Elternteil, meist der Vater, außerhalb des Familienverbandes lebt. Dann ist besonderes Augenmerk darauf zu legen, daß die Kinder regelmäßigen Kontakt zu ihm haben, sonst stellt sich dieses Muster fast unausweichlich ein.

Natürlich hat dieses Muster, dieses Geschehen auch Folgen für die Liebesbeziehung der Eltern.
Auch darauf geht der Autor ein. 
Ich tue es in einem folgenden Post. Was mich sehr bewegt, ist, wie hier klar wird, wie früh schon Kinder in ein bestimmtes Verhältnis zu ihren Eltern geraten können. Schrecklich, wenn ein Kind so früh aufgrund elterlicher Inkompetenz bzw. fehlenden Bewusstseins darauf getrimmt wird, Erwachsene, wohl oft dreißig Jahre älter, zu bemuttern.
Ein Muster, das das Kind an seine Kinder mit ziemlicher Sicherheit weitergibt.

Die Frage ist, inwieweit es in uns ist.


Wie die oben geschilderte Problematik überwinden, die tief in unserer Gesellschaft verwurzelt ist? 

Schiller hat in seinem Lied von der Glocke nicht geahnt, dass die Realität seiner Worte 200 Jahre später zum Problem moderner Gesellschaften werden könnte, weil sich die Menschen weiterentwickelt haben. In jener Ballade heißt es:

Der Mann muss hinaus
Ins feindliche Leben,
Muss wirken und streben
Und pflanzen und schaffen,
Erlisten, erraffen,
Muss wetten und wagen,
Das Glück zu erjagen.

Mit welcher Selbstverständlichkeit das Schiller geschrieben hat!
Übrigens kommt es in seinem Gedicht Würde der Frauen
noch dicker:

  Ewig aus der Wahrheit Schranken
  Schweift des Mannes wilde Kraft;
  Unstät treiben die Gedanken
  Auf dem Meer der Leidenschaft;
  Gierig greift er in die Ferne,
  Nimmer wird sein Herz gestillt;
  Rastlos durch entlegne Sterne
  Jagt er seines Traumes Bild.

Feindlich ist des Mannes Streben,
Mit zermalmender Gewalt
Geht der wilde durch das Leben,
Ohne Rast und Aufenthalt.
Was er schuf, zerstört er wieder,
Nimmer ruht der Wünsche Streit,
Nimmer, wie das Haupt der Hyder
Ewig fällt und sich erneut.


Eine Gesellschaft wird dem Mann nicht Pfeil und Bogen aus der Hand nehmen können. Das ist genetisch implimentiert. Wie sagte im Fernsehen ein Wissenschaftler sinngemäß, indem er auf entsprechende Untersuchungen verwies: Geben Sie einem kleinen Jungen Puppen, und er macht daraus Wurfgeschosse. Geben Sie einem kleinen Mädchen Bagger und es badet sie, wickelt sie.

Es gilt, kurz gefasst, Wege zu finden, wie in unserer Gesellschaft beide Geschlechter ihre genetischen Muster leben können, aber nicht auf Kosten des anderen Geschlechts, wie das in der Vergangenheit oft auf Kosten der Frauen geschehen ist.

Wenn man weder Mann noch Frau in Zwangsjacken steckt, gar aus dem Mann einen Softie und aus der Frau eine Hembrista machen will, können beide Muster, beide Geschlechter sich aufeinander zubewegen – mit und in Bewusstsein, weil sie sich die Freiheit zugestehen, sein zu dürfen wie sie sind, und wie sie gegebenenfalls sein wollen, um auch in einer Beziehung glücklich zu sein. 
Auf diesem Weg befindet sich unsere Gesellschaft. 
Betrachten wir die genetischen Muster nicht als Bürde. Sie entsprechen unterschiedlichen Seinsweisen, die es Gott sei Dank gibt, wäre es doch schrecklich, wenn es nur Männer oder nur Frauen gäbe. 
Beide Seinsweisen waren die Grundlage für unser heutiges Sein. Durch sie sind wir dahin gekommen, wo wir heute sind. Und das ist durchaus weit.
Immerhin machen wir uns über sie Gedanken, und nicht nur Gedanken: Wir probieren aus, gehen alte Trampelpfade und neue Wege. Wie wir wollen.

Nun gilt es, weitere wichtige Entwicklungsschritte zu machen, gerade auch deshalb, damit Kinder nicht mehr zu einem Verhalten, wie es oben beschrieben ist, zwangsverpflichtet werden.


Sonntag, 3. März 2013

(II) Der Himmel hat keine Moral! – Zu oft geben wir Zwanghaftigkeiten an unsere (inneren) Kinder weiter!

Teil I hier

Gerade im Hinblick auf unsere Selbsterziehung, unsere Vorstellungen, was richtig und falsch ist, unsere Zwanghaftigkeiten, die wir so oft "Freiheit" nennen, ist das Folgende hilfreich.

Die Gedanken Stefan v. Jankovichs finde ich aufschlussreich in mehrerer Hinsicht, wobei ich ihn in nur einem Punkt entscheidend korrigieren möchte:
Göttliche Liebe ist nicht selbstlos, ein Begriff, den er im Zusammenhang mit ihr verwendet. Der Mensch verliert sein Selbst nicht, wenn er liebevoll denkt und handelt. Im Gegenteil: Er gewinnt sein Selbst, sein göttliches Selbst. – Nie ist wahre Liebe selbstlos.

Wahre Liebe ist immer ein Selbst–Gewinn!

Was ich im Zusammenhang von Jankovichs Erfahrungen besonders wichtig finde, darüber möchte ich im Anschluss an seine Worte schreiben.
Hier der Auszug aus dem Buch Ich war klinisch tot. Der Tod, mein schönstes Erlebnis:

"Was das Urteil während des Lebensfilmes betrifft, so ist es sehr bezeichnend, daß ich selber dieses Urteil fällte, nicht irgend ein Gott oder astraler Richter. Nicht der allmächtige Gott von Michelangelo in der Sixtinischen Kapelle, nicht der im apokalyptischen Feuer erscheinende Richter von Johannes, nein, ich selber, d. h. mein ICH-Bewußtsein, hatte durch mein eigenes Gewissen die Bilanz zu ziehen. Mit meinem plötzlich sehr sensitiv gewordenen Göttlichen Prinzip, das in jedem als Kernstück und Ursprung seines eigenen ICH-Bewußtseins verborgen ist, konnte ich klar erkennen, ob ich in dieser oder jener Situation richtig gehandelt oder mich richtig verhalten, das Problem richtig gelöst, die Probe bestanden hatte oder nicht. 

Im Zusammenhang mit dem Urteil machte ich eine meiner wichtigsten Erfahrungen:

„Ich beurteilte mich nicht nach irdischen Moralgesetzen, sondern nach dem kosmischen Harmoniegesetz der Liebe."

Lange Zeit habe ich im Spital liegend darüber nachgedacht, wie ich dieses Phänomen entziffern könnte. Warum habe ich eine Handlung als POSITIV beurteilt, obwohl ich gegen die bestehenden moralischen, christlichen Gesetze, den Staat und die Gewohnheiten der Gesellschaft verstoßen hatte? Warum verurteilte ich mich andererseits für sogenannte „gute Taten", bei denen ich sogar gegen mich selbst Zurückhaltung, Enthaltung, eine Art von Askese geübt hatte? Wie war das möglich? Habe ich mich im Leben oft falsch verhalten? War damals meine Beurteilung der Situationen nach den herrschenden moralischen Gesetzen falsch, oder sind die vom Menschen abgefaßten Gesetze falsch?

Ich bin heute überzeugt, daß die Taten und Gedanken positiv und als gut bewertet werden, die selbstloser Liebe entspringen, und in denen die geistige Weiterentwicklung, eine Bereicherung des ICH, als Bestandteil zu erkennen war.

Liebe, Selbstlosigkeit, Freiwilligkeit, allgemeine Gerechtigkeit, gute Gedanken, guter Wille und Harmonie waren die Hauptmerkmale der Entscheidungen und Situationen, die ich als „gut" oder „positiv" bewertet habe.

Der Ursprung dieser Entscheidungen bzw. Lösungen entstammte meinem eigenen ICH. Initiant dafür war der tief in mir verborgene Gottesfunke, d. h. mein Göttliches Überbewußtsein.

Hingegen werden als negative Entscheidungen die Gedanken oder Taten beurteilt, die durch egoistische Hintergedanken entstanden, die nicht ehrlich waren und mit denen ich anderen Nachteile oder Schaden zugefügt habe. Dies gilt auch dann, wenn sie der Welt als „gut" erschienen. Schlecht wurden auch die Entscheidungen beurteilt, bei denen ich jemandem etwas aufzwang, sei es eine Handlung, eine Idee, eine Meinung, oder wenn ich eine Handlung erpreßte. Diese Taten stellten alle einen Eingriff in den Lebensablauf des anderen dar, eine Einschränkung des freien Willens einer Person. Dasselbe galt auch, wenn ich mir selbst — aus irgendeinem Grund — etwas aufzwang, mich quasi selbst vergewaltigte, die Erfüllung meines Schicksals dadurch verhinderte. Negativ waren die Entscheidungen, denen ein böswilliger Ursprung wie Haß, Rache, Neid, Machtgier, Geldgier, Habsucht, Eitelkeit, Eifersucht, Stolz usw. zugrunde lag und durch die ich somit gegen das kosmische Harmonie–Gesetz handelte.

Wenn ich jetzt darüber nachdenke, welche Szenen ich im Tod als nicht gut erlebt habe, erschrecke ich darüber, wie viele sogenannte gute Taten, d. h. diejenigen, die ich mit pflichtbewußtem Willen vollbracht habe, um jemanden glücklich zu machen, die also mit Selbstaufopferung und Rücksicht auf andere verbunden waren, nicht in die positiven harmonischen Szenen eingereiht wurden. Ich habe oft darüber nachgedacht. Aber plötzlich erkannte ich, daß man die göttliche Harmonie stört, wenn man sogenannte „gute Taten" erzwingt, denn das Göttliche ist ohne jeden Zwang.

Ich erkannte auch, daß unsere Moralbegriffe im Jenseits keine Gültigkeit haben. Seit jener Zeit bin ich allen menschlichen Moralbegriffen gegenüber kritisch eingestellt."

Gerade im Hinblick auf die Erziehung unserer Kinder verlangen im Grunde Jankovichs Erfahrungen und seine daraus reslultierende Sicht ein völliges Umdenken.
Wie oft zwingen wir Kindern unsere Sicht der Dinge auf, unsere Moralbegriffe, die Kondensate unserer Erfarungen, die auf den uns anzerzogenen Zwangsvorstellungen von Moral und Leben beruhen.

Wir lassen Kinder zu oft nicht ihre ureigenen Ideen entwickeln und verwirklichen. Wir geben ihnen zu oft vor, was sie zu denken und zu tun haben. Oft geschieht das von Seiten der Erwachsenen unbewusst. Und es kommt hinzu, dass wir der Ansicht sind, dass wir es gut meinen. – In den Auswirkungen ist aber das Gegenteil der Fall.

Gemeint ist nicht und gewiss ist es nicht falsch, klare Anweisungen zu geben im Hinblick auf den Gebrauch des Konjunktiv I in der indirekten Rede, im Hinblich auf eine ordentliche Heftführungen oder den richtigen Tempusgebrauch im Englischen, im Hinblick auf Anstandsregeln.
Das ist nicht gemeint.
Gemeint sind kindliche Sichtweisen, die wir uns nicht wirklich anhören, sondern sofort korrigieren und sich nicht entwickeln lassen.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass, wenn ein Kind etwas nicht einsieht, oft etwas dahintersteckt, was es nicht sagen kann oder sich nicht (mehr) zu sagen erlaubt.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass, wenn ich die Geduld besaß zu warten, was ein Kind sagen möchte und es nicht unterbrach, nachdem die ersten Sätze nicht meinen Erwartungen entsprachen, oft Inhalte kamen, die mich verblüfft haben.

Wir sind viel zu sehr noch Sklaven der eigenen Zwänge, die aus unserer Erziehung resultieren, die - gerade in unserer Schulzeit - oft auf Zwang und vorgefertigten Versatzstücken beruhte.

Freiheit des Geistes bedeutet, der Unberührtheit des kindlichen Geistes wieder mehr Respekt zu zollen und warten zu können, ob nicht für uns Erwachsene eine tiefe Wahrheit in ihm verborgen ist, vor der unsere Zwanghaftigkeit in Wahrheit Angst hat.