In der Welt der Erwachsenen, gerade auch der Erwachsenen, die mit Erziehung zu tun haben, gibt es genug, die ausgesprochene Narzissten sind, das heißt, die alles, was sie tun, auf ein Ziel ausrichten: selbst Pfau zu sein.
Wie toll ist doch das Kind der ach so lieben Mutter, wie toll kann es Ballett tanzen, wie toll Klavier spielen, wie gut kann es ein Gedicht aufsagen und wie freundlich kann es säuseln.
Die Mutter ist ganz glücklich und freut sich über ihr Kind; sie tut ja auch alles für ihre Tochter, ihren Sohn.
Manchmal sieht es so in der Öffentlichkeit aus; zu Hause ist sie womöglich nicht mehr die liebe Mama, sondern kann recht barsch sein. Dann kann man schon mal eine verzweifelte Tochter erleben, die giftet, anstatt zu säuseln.
Oder, die andere Variante: Wehe, Sohn oder Tochter machen nicht das, was sie sich vorstellt, kein Ballett mehr, auf das sie so stolz war, kein Klavier mehr, das so begabt durchs Haus klang.
Dann auf einmal ist die Tochter nicht mehr die liebe; dann auf einmal kann es sein, dass sie sich Vorwürfe anhören muss, weil sie nicht tut, was die Mutter wollte, die doch nur ihr Bestes will. Aber das Beste ist immer das, was die Mama will, nicht die Tochter. Und es ist immer das, was letztendlich die Mutter in den Vordergrund schiebt, auszeichnet.
Oder der Lehrer: Was hat er nicht für eine tolle Klasse. Natürlich liegt es an ihm. Aber wehe, sie ist nicht toll, dann distanziert er sich so schnell von den Kindern, schneller geht´s nicht, dann sind sie unfähig und faul, gehören nicht aufs Gymnasium oder oder oder ...
Klar, das ist alles ein bisschen pauschalisiert und überzeichnet. Aber wahr ist: Es gibt Erwachsene, die wollen sich großtun in ihrem Kind, wollen in den Kindern ihr eigenes Verletztsein kaschieren. Indem die Kinder die eigene Eitelkeit stützen, muss man nicht wahrnehmen, dass es da keine innere Größe gibt, sondern eine innere Leere. Deshalb dürfen auch der liebe Sohn oder die liebe Tochter nicht aus dem Haus oder werden mit allen Mitteln daran gebunden ... ohne sie könnte man die eigene innere Leere wahrnehmen müssen ...
Solche Erziehenden sind ja keine schlechten Menschen, ja manchmal können sie sogar Kinder richtiggehend begeistern. Aber diese verstehen, wenn es mal nicht so läuft, wie sie selbst es geplant haben, können sie die Kinder in Wahrheit nicht. Dazu müssten sie sich erst selbst verstehen, ihre Schwächen, die vielen kleinen Geschwüre unter den Pfauenfedern akzeptieren oder das eine große: sich nicht lieben zu können.
Auch die eigenen inneren Kinder kann man missbrauchen. Wie kann mancher Erwachsene doch aufdrehen, herumalbern, seine inneren Kinder juchzen lassen. Die ganze Gesellschaft und ihre inneren Kinder kommen mit ihm auf Touren. Meine Güte ist er ein Gesellschafter, was haben er oder sie für Ideen, wie einfallsreich, nie wird es langweilig ...
Doch wenn er allein ist, dann vergraben sich seine inneren Kinder in den Schutthalden seiner Depression, dann bekommen sie nichts zu essen, bekommen keine Liebe.
Nie sind sie in Wahrheit geliebt worden.
Nie, so wie er oder sie als Kind auch nicht.
Darüber kann auch nicht hinwegtäuschen, dass sie vor anderen unglaublich aufgedreht sind, einfallsreich, lustig, bestens gelaunt, ja, auch mit großen Augen zuhörend, einfach wie ein Paradekind, wie Paradekinder nun einmal sind ...
Vor ihm oder ihr können die eigenen inneren Kinder jedoch kein Theater spielen. Fehlt das Publikum, dann lohnt keine Show. Dann ist man auf sich verwiesen. Dann ist auf einmal große Tristesse.
Dann ist auf einmal die Großartigkeit wie weggeblasen ... das Verliebtsein in die eigene Show, in die eigenen Seifenblasen.
Wenn solche Zustände länger dauern, wenn sie ernsthaft wahrgenommen werden, wenn der Erwachsene akzeptiert, dass etwas ganz Entscheidendes nicht stimmt:
Dann kann es sein, dass solche Erwachsenen die Bettdecke nehmen und sie knautschen sie so zusammen, dass sie Gestalt annimmt, und sie weinen in diese Decke.
Oder sie nehmen einen Teddy, den sie noch von früher haben, und sie geben ihm mit ihren Tränen die Liebe, die sie nie bekommen haben. Oder sie weinen still vor sich hin ...
Hinter und in all diesen Narzissten steht und findet sich eine große Leere, ein tiefer Schmerz, den ihre Kinder vertuschen sollen ...
... arme Erwachsene ...
... arme Kinder ...
Da hilft nur eines, wenn man Änderung möchte: sich nicht auf der Wasseroberfläche bespiegeln, sondern hinabtauchen in die Wasser der Seele.
Gut, wenn man da jemand die Hand geben kann ...
... gut, wenn man sich nicht scheut, Hilfe anzunehmen ...
... gut, wenn die eigenen inneren Kindern aus den Schutthalden hervorkommen und weinen und traurig und schmutzig sein dürfen ...
Gut, wenn sie irgendwann gebadet werden ...
In diesem Blog veröffentliche ich Buchauszüge, Gedichte und eigene Gedanken zum Thema des inneren Kindes und des Kindseins überhaupt.
Eigentlich haben wir viele innere Kinder in uns: solche voller Energie, aber auch verletzte und sterbende Kinder, die wieder zu wirklichem Leben erweckt sein wollen ...
Ohne lebendige innere Kinder sind Erwachsene ohne wirkliche Individualität und oft nicht fähig zu spielen und kreativ zu sein ... Wie also die Kinder in uns wahrnehmen, wie mit ihnen umgehen?
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