Neuerdings müssen Kinder unbedingt die Renten sichern, insofern sind sie wichtiger geworden; ansonsten weiß Michael Ende wovon er spricht. Es waren seine inneren Kinder, die ihn zum Schreiben brachten; kein Wunder, schrieb er erst einmal Kinderbücher und im Grunde sind Momo und die Unendliche Geschichte ja auch Kinderbücher und Bücher für die inneren Kinder von Erwachsenen.
Deshalb machen sie manche so glücklich, weil ihre inneren Kinder sich wiederfinden und gegebenenfalls so richtig zum Leben erwachen.
Unsere inneren Kinder spielen ständig das Spiel der Phantasie und wenn sie es bei manchen Erwachsenen nicht am Tag dürfen - immer mal wieder wenigstens, natürlich nicht ständig -, dann tun sie es nachts um so intensiver, denn da kann sie der Erwachsene nicht kontrollieren. Der nur wundert sich dann, dass er immer mal wieder morgens schweißgebadet aufwacht, weil sein kindliches Wesen am liebsten nicht aufwachen möchte in ein Gefängnis hinein, was sein Erwachsener Realität nennt, was sie allerdings nicht ist, denn die Wirklichkeit ohne Phantasie ist Leblosigkeit.
Oder kennen wir Menschen, die nur mit ihrer linken Kopfhälfte durch die Welt gehen?
Kennen wir Menschen, die nur als rechte Körperhälfte durch die Gegend gehen?
Nein?
Tun aber viele.
Wir nennen das linkshirnig.
Die Linkshirnigkeit, die reine Verstandesorientierung, entspricht der rechten Körperhälfte.
Viele tarnen das nur so geschickt.
Eines nur ist ganz wichtig und absolut bemerkenswert, so wie es Michael Ende formuliert:
Die beiden Welten gehören zusammen, sind aber getrennt. Man kann die eine Ebene nicht auf die andere verschieben. Das hieße — was übrigens in der Unendlichen Geschichte geschieht —, daß man aus Phantasien etwas mit in die Alltagswelt hinübernimmt. Das geht nicht. Nur die Veränderungen, die du selbst in Phantasien erlebst, kannst du mit hinübernehmen, aber nicht die Teile Phantasien selbst. Das gehört mit zu der ganzen Problematik, daß der Mensch eben auf mehreren Ebenen lebt, nicht nur auf einer.
Offensichtlich ist dieser Unterschied wichtig.
Deshalb gibt es in unserem Kopf auch das corpus callosum, die so genannte Brücke, diese Verbindungsstelle im Gehirn zwischen rechter und linker Gehirnhälfte. Wir können nicht die rechte Gehirnhälfte da durchziehen. Das geht nicht und es wäre nicht gut.
Aber wir können in unser reales Leben die Leichtigkeit mitnehmen, die wir in Phantasien lernten. Wir können genauso mitnehmen, dass es Hilfen gibt, die sich unserer Kenntnis entziehen, die sind auf einmal da. Es ist nämlich eine Illusion zu glauben, in Phantasien wäre alles Eiapopeia. Deshalb brauchen wir z.B. den Glücksdrachen Fuchur. Man lese mal die Unendliche Geschichte und wie sich in Phantasien das Nichts ausbreitet. Vergessen wir nicht: Das tut es immer noch !! Wir sind nicht gerettet.
Wir brauchen noch mehr Bastiane, mehr Momos ...
Michael Ende ließ solche Hilfen zu. In einem Gespräch mit Franz Kreuzer erzählt er jenem, dass er gar nicht wusste, als er umzog, dass seine Wohngegend Valle spiriti beati heißt, Tal der seligen Geister.
Dann sagt er:
Ich bin tatsächlich der Meinung, daß in den Bäumen sehr viel mehr lebt als das, was die Naturwissenschaft heute in einem Baum sieht. Der Baum ist eben nicht nur ein chemisches System, der Baum ist ein Lebewesen. Und in alten Zeiten nannte man das die Dryade. Wenn man ein bißchen intensiver mit Bäumen zusammenlebt, merkt man, daß hinter diesen Lebewesen auch etwas Geistiges steckt, etwas real Geistiges. Und ich bin durchaus der Meinung, daß in meinen Bäumen hier Dryaden wohnen.
Kreuzer meint dann:
Es könnte also sein, daß zuerst Sie verzaubert worden sind, ehe Sie dann mit Ihrem Buch Hunderttausende verzaubert haben.
Michael Ende:
Michael Ende:
Ich hoffe sehr, daß mir die Dryaden behilflich sind bei dieser Verzauberung.
Lassen wir uns, liebe Leserin, lieber Leser, verzaubern.
Nicht von ungefähr nannte Morris Berman sen Buch Wiederverzauberung der Welt. Das Ende des Newtonschen Zeitalters.
Die Wiederverzauberung brauchen wir, um zu überleben.
Über diese Verzauberung wissen unsere unverletzten inneren Kinder bestens Bescheid.
Nehmen wir uns wieder Zeit, ihnen zu lauschen, was sie erzählen und was sie uns fragen.
Sie stellen keine Bedingungen. Sie sind einfach da.
So wie die seligen Geister.
So wie die seligen Geister.
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