In diesem Blog veröffentliche ich Buchauszüge, Gedichte und eigene Gedanken zum Thema des inneren Kindes und des Kindseins überhaupt.
Eigentlich haben wir viele innere Kinder in uns: solche voller Energie, aber auch verletzte und sterbende Kinder, die wieder zu wirklichem Leben erweckt sein wollen ...
Ohne lebendige innere Kinder sind Erwachsene ohne wirkliche Individualität und oft nicht fähig zu spielen und kreativ zu sein ... Wie also die Kinder in uns wahrnehmen, wie mit ihnen umgehen?

Freitag, 13. Juni 2008

Manchmal springen die inneren Kinder einfach durch die Realität :-))

Ort: Sportakademie Ludwigsburg
Zeit: vor ca. 15 Jahren
Anlass: Fortbildung Geräteturnen

Man stelle sich vor: Eine Gruppe von ca. 20 Sportlehrern hockt etwas müde auf dem Boden einer Turnhalle und hört dem Referenten zu. Der ein oder andere schläft, wie das "Schüler" gern mal tun, der ein oder andere hört ganz interessiert zu, der Referent gibt sich alle Mühe, aber der zündende Funke will nicht so recht überspringen, vielleicht liegt es am Thema, vielleicht an der Gruppenzusammensetzung, vielleicht am biorhythmischen Nachmittagstief …

Da geht auf einmal die Hallentüre auf, und ein Schwarm von Kindern, alle vielleicht so sieben, acht Jahre alt, ergießt sich in die Halle, läuft durch, lacht, und verschwindet wieder am anderen Ende.

Alle gucken sich verwundert an ... nanu, was war das ... wie kommen die hierher ... alle aber haben irgendwie ein Lächeln auf dem Gesicht, alle ein bisschen weniger, ein bisschen mehr entzückt, ja verzückt ...

Es war, als sei für einen kurzen Moment die Sonne aufgegangen. Wie Sonnenstrahlen aufblitzen, so war auf einmal in dieser Halle eine Art von Leben, von dem jeder der Anwesenden auf eine seltsame Art im Inneren berührt wurde.

Ich glaube, jeder der Anwesenden wusste: Das war Leben, das ist es, was wir eigentlich im Unterricht wollen, so viel Leben blühen lassen. Unterricht und Leben kann so sein, wie wir es gerade erleben, aber leider auch ganz anders ...

Und jeder war innerlich berührt, weil er ebenfalls wusste: So würde ich jetzt auch gern sein, voller Leben, voller Lebendigkeit, voller Sonnenstrahlen …

Kein Zweifel, da platzten in das Grau der Fortbildung die inneren Kinder der Teilnehmer und sie riefen: Komm, sei so wie wir, spring mit uns mit, sei lebendig, sei voller Leben, sei einfach fröhlich … und wenn Du es nicht selbst sein kannst, dann lass uns so sein in Deiner Realität, uns, die Kinder, die Du unterrichtest …

Wirklich, für einen Moment waren unsere inneren Kinder in unsere Realität gesprungen.

Sicherlich hatten diese Kinder nicht gewusst, dass in dieser Halle eine Fortbildung läuft. Sicherlich hätte sie sonst ihr Lehrer umgelenkt. Aber niemand wusste von uns, dachte an uns, ein Lehrer war weit und breit nicht zu sehen … Und so waren die Kinder plötzlich da … Zufall? Nein, Zufall gibt es nicht, denn in dieses Wortes Bedeutung ist ja schon enthalten, dass Zu-Fall ist, was uns zu-fällt ... unsere inneren Kinder zum Beispiel ... die wollten einfach sagen: Guck, uns gibt es wirklich :-)) Ein Lehrer , ein Erwachsener, war weit und breit nicht zu sehen ... mit einem solchen wäre das auch nicht möglich gewesen ...

... mit solch einem schon ...

... manchmal ist es aber auch gut, wenn die Erwachsenen die Kinder einfach lassen, wie sie sind ...

3 Kommentare:

Ele hat gesagt…

Lieber Johannes,
ich lese immer gerne deine Texte, die ich gut nachvollziehen kann und die mich tief berühren. Es liegt viel Wahres, zum Nachdenken Anregendes und auch Aufmunterndes in deinen Worten.
Dieses Beispiel vom Turnunterricht hat mich sehr nachdenklich gestimmt. Meine Kinder (16 1/2 und 13 ) erzählen viel aus der Schule, deshalb kann ich mir diese Situation gut vorstellen.
Du hast Recht, wir sollten "das innere Kind" viel öfter zulassen.
Manche Situation würde wohl ganz anders verlaufen...
Ich wünsche dir ein schönes Wochenende
Gabriele

Johannes G. Klinkmüller hat gesagt…

Danke, Gabriele, für Deine lieben Worte.
Wenn man für die inneren Kinder sensibel wird, gelingt es einem immer besser, sie wahrzunehmen ... man erkennt dann auch die zornigen, verärgerten ... All das will angeschaut sein und bereichert uns dann auch; wir lernen uns Stück für Stück besser kennen ...
Wenn Eltern und Lehrer auf diesem Weg gehen, ist es auch für ihre Kinder so wertvoll! Es gibt doch kaum etwas Wichtigeres für alle Menschen, als verstanden zu werden.
Ich freue mich, dass Du auch diesem Weg gehst.
Dir auch ein möglichst sonniges Wochenende und liebe Grüße!

Anonym hat gesagt…

Das ist unser grosse Fehler den wir Erwachsenen, seit vielen Generationen, immer wieder machen und bis heute wenig daraus gelernt haben.Aber so lange es Menschen gibt, die solche Texte schreiben wie Du bleibt Hoffnung dass es irgend wann besser wird.
Liebe Grüsse zentao